Die Vorkosterinnen
Silvio Soldini, Italien, Belgien, Schweden, 2025o
Herbst 1943: Die junge Rosa Sauer flüchtet von Berlin ins ländliche Ostpreussen, während ihr Mann als Soldat an der Ostfront ist. In der Nähe des Dorfes befindet sich Hitlers Hauptquartier „Wolfsschanze“: Unvermittelt werden Rosa und andere Frauen von der SS zwangsrekrutiert. Sie müssen als Vorkosterinnen für die Mahlzeiten hinhalten, die Hitler serviert werden. Die Situation eskaliert, als im Sommer 1944 das Stauffenberg-Attentat auf Hitler fehlschlägt.
Laut Volksmund verderben zu viele Köche den Brei. Gleich im doppelten Sinn gilt dies für den neuen Film des italienisch-schweizerischen Regisseurs Silvio Soldini. Nicht weniger als sechs Autor:innen haben sich abgemüht an diesem Drama über sieben junge Frauen, die ab Herbst 1943 zweimal täglich von einem nahen Dorf in Hitlers ostpreussisches Hauptquartier abkommandiert worden sein sollen, um als Vorkosterinnen zu prüfen, ob Giftmischer dem Küchenchef des Führers zur Hand gegangen waren. Die Existenz dieses kulinarischen Himmelfahrtskommandos ist durch ein einziges Interview belegt, das eine 95-jährige Frau fast siebzig Jahre später der Berliner Zeitung gab, und ist entsprechend umstritten, doch dies braucht uns nicht zu kümmern. Dramaturgisch schwerer wiegt der Umstand, dass die sieben Protagonistinnen des Films ausser Vorverzehr und Verdauen der adolfschen Mittag- und Abendessen nichts zu tun haben. Also haben ihre Drehbuchköch:innen tief in die Naschdose mit den Naziklischees gegriffen, um den Damen und ihren eigentlich soliden Darstellerinnen etwas Profil zu verleihen, als da sind: die beinharte braune Ideologin, die boshafte Desillusionierte, die rebellische Aussenseiterin, die heillos Naive, die Hysterikerin ... Auch eine heimliche Jüdin, eine wundersam sterile Abtreibung mit Hausmitteln sowie die obligaten SS-Schergen, die wegen jeder Lappalie zu brüllen anfangen, bleiben uns nicht erspart. Vollkommen schleierhaft bleibt schliesslich, warum die Protagonistin des Septetts nach dem Soldatentod ihres Mannes (mit dessen Porträt sie zu plaudern pflegt, wenn sie nicht gerade onaniert) ausgerechnet mit dem abstossendsten Naziaufseher eine ungenierte Affäre in der Scheune ihrer Schwiegereltern anfängt, die davon partout nichts mitbekommen. Hätte man als Filmvorkoster doch den beneidenswerten Schlaf dieser braven Leute gehabt! So aber kommt man um das Votum nicht umhin: Kein Michelin-Stern für Die Vorkosterinnen.
Andreas FurlerGalerieo




