To Kill a Mongolian Horse
Xiaoxuan Jiang, Sonderverwaltungszone Hongkong, Japan, Republik Korea, 2024o
Der Mongole Saina versucht tagsüber, als Pferdehirt über die Runden zu kommen und für seine Familie zu sorgen, während er nachts in Pferdeshows als akrobatischer Reiter auftritt. Doch die Welt seiner Kindheit in den Steppen der Inneren Mongolei ist im Umbruch; die meisten in seinem Umfeld suchen ein besseres Leben in der Stadt. Wie kann Saina zwischen Stadt und Land, den Ansprüchen seines Vaters und seiner Ex-Frau einen eigenen Weg finden, ohne seine Wurzeln zu verlieren?
Man hat im Kino schon lange keinen Pferdeflüsterer mehr gesehen, und der Titel To Kill a Mongolian Horse deutet auch nicht in diese Richtung. Doch dem rauen Erstling der mandschurischen Regisseurin Xiaoxuan Jiang, die in der Mongolei aufwuchs, fehlt es nicht an Zärtlichkeit. Es ist die Geschichte eines Mannes, der zwischen der Steppe und der Stadt hin- und hergerissen ist. Am einen Ort kümmert er sich um die Tiere seines alkoholkranken Vaters, am andern reitet er in Zirkusvorstellungen Pferde, die misshandelt werden, kaum fällt der Vorhang. In den innermongolischen Steppen werden letztere immer seltener und das Leben für die Züchter:innen damit schwieriger, weshalb viele in die Stadt zu ziehen. Für unseren Helden aber sind Pferde fast alles. Von seinem Vater wird er verachtet, von seinem kleinen Sohn lebt er getrennt. Der einsame Cowboy ist hier keine romantische Figur, sondern dem Sinnverlust und Untergang geweiht. In einer zurückhaltenden und ergreifenden Szene setzt er seinen Sohn auf ein Pferd, um ihm etwas von der sterbenden Welt der Steppen zu vermitteln. Aber der Kleine hat Angst und will sofort wieder absteigen. Dieses Land ist nichts für ihn. Auch nicht mehr für seinen Vater und Grossvater.
Émilien Gür